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Contribution Details

Type Master's Thesis
Scope Discipline-based scholarship
Title Reform der Altersvorsorge 2020 - eine Wirksamkeitsanalyse betreffend der beruflichen Vorsorge
Organization Unit
Authors
  • Elias Scherer
Supervisors
  • Alexander Wagner
  • Philipp Christian Gamper
Language
  • German
Institution University of Zurich
Faculty Faculty of Economics, Business Administration and Information Technology
Number of Pages 94
Date 2016
Abstract Text i. Problemstellung Bereits im 19. Jahrhundert gab es Unternehmen, welche sich der Altersvorsorge ihres Personals angenommen haben, indem Sterbekassen und Ruhegehaltsordnungen eingeführt wurden (Helbling (2006)). Diese Bemühungen beruhten zu diesem Zeitpunkt auf einer freiwilligen Basis. In der Folge wurde das Mitwirken der Arbeitgeber bei der beruflichen Vorsorge des Personals im Arbeitsvertragsrecht verankert und 1916 die berufliche Vorsorge von der Steuerpflicht befreit (Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV, 2010)). 1948 folgte die Einführung der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), wodurch nicht nur die Altersvorsorge, sondern auch die Versicherung gegen Invalidität und Tod obligatorisch wurde (BSV (2008a)). Seit 1972 basiert die Versicherung für Alter, Tod und Invalidität auf dem 3-Säulenkonzept und wurde zu diesem Zeitpunkt in der Verfassung verankert (Helbling (2006)). Es benötigte 13 weitere Jahre, bis das Gesetz der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) ausgearbeitet wurde und in Kraft treten konnte (BSV (2010)). Seither verfügt die Schweiz über eine wirkungsvolle und stabile Altersvorsorge, die Vorbildcharakter für viele andere Länder hat (BSV (2010)). Hervorgehoben wird in erster Linie die gute Abstimmung zwischen den verschiedenen Säulen (Queisser und Vittas (2000)). Auch im Melbourne Mercer Global Pension Index (MMGPI) schneidet die Schweiz jeweils gut ab. In dieser Studie werden seit 2009 jährlich die Altersvorsorgesysteme von 25 Ländern untersucht und miteinander verglichen (MMGPI (2016a)). Die Länder werden dabei in drei Hauptkategorien bewertet: 1) Angemessenheit, 2) Nachhaltigkeit und 3) Integrität. Die Schweiz konnte sich seit Beginn in der Top 5 beweisen. Besonders gut bewertet wurde jeweils die Integrität der Schweizer Altersvorsorge (Mercer (2015)). Seit 2010 ist die Schweiz in der Rangliste zurückgefallen. 2010 erzielte sie Rang zwei, 2015 reichte es nur noch für Rang fünf. Hauptsächlich zeigte sich die Bewertung der Nachhaltigkeit als rückläufig. Dies gibt ein Indiz auf die Herausforderungen, mit welchen Schweizer VE derzeit konfrontiert sind. Immer häufiger resultieren aufgrund eines zu hoch angesetzten technischen Zinssatzes Pensionierungsverluste. Dies bestätigt eine im Auftrag des Bundesamtes von Towers Watson durchgeführte Studie. Diese beziffert die Pensionierungsverluste im Zeitraum von 2009 bis 2013 auf 11% des gesamten Alterskapitals der Neurentner (BSV (2015a)). Die Gründe dafür liegen im demographischen Wandel und in den sinkenden Kapitalmarktrenditen. Der demographische Wandel begründet sich in der höheren Lebenserwartung und der sich wandelnden Altersstruktur. Die Lebenserwartung beim Erreichen des Rentenalters hat sich seit Einführung des BVGs 1985 bei den Frauen (Männern) um 3.4 (4.5) Jahre erhöht (Bundesamt für Statistik (BSF) 2016a). Die gesteigerte Lebenserwartung fällt seit der Jahrtausendwende grösstenteils nach der Pensionierung ins Gewicht (Eggleston und Fuchs (2012)). Dies bewirkt eine erhöhte Rentenzeit, was einen grossen Finanzierungsbedarf in der Altersvorsorge verursacht. Hinzu kommt die Problematik der alternden Bevölkerung, welche durch die steigende Lebenserwartung und den anstehenden Eintritt der Babyboom Generation in das Rentenalter intensiviert wird. Die zweite Herausforderung besteht in den seit geraumer Zeit rückläufigen Kapitalmarktrenditen. Der Pictet BVG-Index 93, welcher in der beruflichen Vorsorge oft als Referenzindex verwendet wird, zeigt diese Tendenz auf (Pictet (2016a)). Dieser Index besteht aus Obligationen (75%) und Aktien (25%) (Pictet (2016b)). Seit 2004 liegt die Rendite dieses typischen VE-Portfolios tendenziell unter 5%. Dieser Wert stellt allerdings die notwendige Rendite zur Vermeidung von Pensionierungsverlusten unter den heutigen demographischen Gegebenheiten und dem aktuellen Umwandlungssatz (UWS) dar (Burkhalter und Casanova (2014)). Bis anhin gab es auf Gesetzesebene bereits einige Anpassungen an die sich wandelnden Rahmenbedingungen und an die Bedürfnisse der Beteiligten. Ein wichtiger Schritt bestand 1995 in der Einführung der Freizügigkeit, womit die Mobilität der Arbeitnehmer erhöht wurde. Zuletzt wurde mit der 1. BVG Revision im Jahr 2005 eine umfassende Reform durchgeführt. Diese beinhaltete neben neuen Transparenzvorschriften erstmals eine Senkung des Umwandlungssatzes von 7.2% auf 6.8% (BSV (2010)). Wie sich jedoch anhand der oben ausgelegten Sollrendite von 5% zeigt, sind weitere Reformen dringend notwendig. Seit der 1. BVG-Revision sind jegliche Versuche einer Reform der Altersvorsorge in Bezug auf «Leistungen und Finanzierung» gescheitert. Es ist deshalb wichtig eine Reform auszuarbeiten, welche die notwendigen Anpassungen beinhaltet, dabei jedoch mehrheitsfähig bleibt. Die Reform der Altersvorsorge 2020 versucht dies anhand eines ganzheitlichen Ansatzes. Der Bund erhofft sich dadurch ein grösseres Verständnis des Parlaments und der Stimmbürger (Burkhalter und Casanova (2014)). Das Ziel dieser Arbeit liegt in der Untersuchung der Wirksamkeit der Reform 2020 im Hinblick auf die Sicherung eines langfristigen Gleichgewichts der Schweizer Vorsorgeeinrichtungen (VE). Dafür wurde folgende Forschungsfrage entwickelt. Forschungsfrage «Kann die Reform der Altersvorsorge 2020 ihr Ziel der Sicherung des langfristigen finanziellen Gleichgewichts der beruflichen Vorsorge erreichen?» ii. Vorgehen Die Forschungsfrage soll mittels zwei Methoden untersucht werden. Eine Wirksamkeitsanalyse soll die Auswirkungen der Reform auf ausgewählte VE aufzeigen. Ergänzt wird diese Analyse mit Experteninterviews, in welchen die Hauptpunkte der Reform sowie weiterführende Konzepte diskutiert werden. Wirksamkeitsanalyse Bei der Wirksamkeitsanalyse steht die Entwicklung der Deckungsgrade der untersuchten VE bis in das Jahr 2030 im Mittelpunkt. Die Bilanz und Erfolgsrechnung der VE werden dafür unter spezifischen Annahmen in die Zukunft projiziert. Die Deckungsgrade werden sowohl mit und ohne Berücksichtigung der geplanten Reformmassnahmen prognostiziert. Damit soll einerseits eine absolute als auch eine relative Beurteilung der Reform ermöglicht werden.   Experteninterviews Um die Analyse zu plausibilisieren sowie weiterführende Konzepte zu diskutieren, wurden in einem zweiten Schritt Experteninterviews durchgeführt. Ziel war die Einbringung der kontroversen Einschätzungen hinsichtlich der aktuellen Reform. Dafür wurden Experten aus verschiedenen Interessensgruppen befragt. iii. Resultate Bei der Prognose der Deckungsgrade bis in das Jahr 2030 zeichnen sich die derzeitigen Herausforderungen deutlich negativ ab. Die Anzahl der VE, bei welchen 2030 eine Unterdeckung prognostiziert wird, steigt von derzeit neun auf 21 VE an. Insbesondere die Steigerung der VE mit einem Deckungsgrad kleiner 80%, von aktuell einer auf acht VE, ist besorgniserregend. Besonders stark betroffen sind VE, welche bereits 2014 über einen geringen Deckungsgrad verfügt haben. Dies lässt eine Segmentierung der Stichprobe in drei Teile erkennen. Eine Verbesserung zeigt sich lediglich bei jenem Drittel, welches 2014 über den höchsten durchschnittlichen Deckungsgrad verfügte. Eine deutliche Steigerung lässt sich durch die Berücksichtigung der Reformmassnahmen feststellen. Die Anzahl Unterdeckungen im Jahr 2030 nimmt von 21 auf 16 VE gegenüber dem Basisszenario deutlich ab. Der durchschnittliche Deckungsgrad der gesamten Stichprobe verbessert sich und steigt um 2.7 Prozentpunkte auf 104.5% an. Im Besonderen sinkt die Anzahl VE mit einer starken Unterdeckung . Der negative Trend, welcher ab dem Jahr 2015 einsetzt, wird 2019 durch die Reform abgeschwächt. Dies ist der Zeitpunkt, ab welchem die ersten Massnahmen geplant sind. Ab 2025 soll der durchschnittliche Deckungsgrad der Stichprobe wieder steigen. Dieser Anstieg ist nach Berücksichtigung der Reform erkennbar stärker. Die Stichprobensegmentierung zeigt, dass sich die Massnahmen der Reform bei den VE des 2. und 3. Drittels am stärksten auswirken. Das bedeutet, dass insbesondere jene VE eine Erhöhung aufweisen, welche 2014 über die tieferen Deckungsgrade verfügten. Ein Vergleich der Deckungsgrade von 2014 mit 2030 (inkl. Reform) zeigt, dass die absolute Entwicklung der untersuchten VE trotz Reformmassnahmen negativ ausfällt. Der durchschnittliche Deckungsgrad sinkt von 105.4% auf 104.5%, der Median von 105.5% auf 102.0%. Auch die Anzahl VE mit starken Unterdeckungen nimmt gegenüber 2014 zu. Aus der Wirksamkeitsanalyse resultiert folglich, dass die Reform einen wichtigen Beitrag zur finanziellen Stabilität der beruflichen Vorsorge leistet, jedoch weiterer Handlungsbedarf bestehen wird. Im Grundsatz wird diese Erkenntnis durch die Einschätzungen der Experten gestützt. Viele sehen die Senkung des Umwandlungssatzes als wichtige Massnahme, welche jedoch in Anbetracht der versicherungstechnischen Grundlagen nicht tief genug greift. Es wird betont, dass diese Massnahme nicht alleine aufgrund dieser technischen Grundlagen beschlossen wird, sondern zu wesentlichen Teilen einen politischen Kompromiss darstellt. Die Forschungsfrage kann folglich nicht gänzlich bejaht werden. Die positiven Auswirkungen auf die finanzielle Stabilität in der beruflichen Vorsorge sind jedoch von den Experten unbestritten und durch die Wirksamkeitsanalyse quantifiziert. Die Reform stellt damit einen Kompromiss zwischen den versicherungstechnischen Notwendigkeiten und den realpolitischen Möglichkeiten dar. iv. Allgemeine Beurteilung Abschliessend kann gesagt werden, dass diese Arbeit einen Beitrag zur Beurteilung der finanziellen Stabilität in der beruflichen Vorsorge leistet. Sie liefert Argumente für die Einschätzung der Wirksamkeit der aktuellen Reform. Die Experteninterviews ergänzen diese Fakten mit der Einbringung verschiedener Perspektiven unterschiedlicher Interessensgruppen. Wünschenswert wäre eine Erweiterung dieser Arbeit, welche jene VE berücksichtigt, die ihre Geschäftsberichte und Vorsorgereglemente nicht öffentlich zur Verfügung stellen. Dies würde eine umfassendere Analyse zulassen, welche insbesondere kleinere VE berücksichtigt, welche noch stärker von den aktuellen Herausforderungen betroffen sind.
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