Not logged in.

Contribution Details

Type Media Coverage
Title Das ist ja das Unfaire an den Grossbanken
Other Titles Der Schweizer Finanzplatz heute ein anderer, als er es noch am vergangenen Freitag war: In einer Nacht-und-Nebel-Aktion brachten der Bund und die Nationalbank die UBS dazu, ihre angeschlagene Konkurrentin Credit Suisse zu übernehmen.
Organization Unit
Authors
  • Michael Buholzer
Faculty Members
  • Thorsten Hens
  • Christoph Basten
Language
  • German
Communication Medium
  • Online
Media Names
  • blue News
Export BibTeX
Date March 20 - 2023
Abstract/Keywords Viele Fragen bleiben offen – und auch Experten bewerten nicht jeden Aspekt der Transaktion gleich. blue News hat zweien Thorsten Hens und Christoph Basten von der Uni Zürich die wichtigsten Fragen der Stunde gestellt. Wie ist die jetzt gefundene Lösung zu beurteilen? Thorsten Hens spricht von der «in diesem Moment am wenigsten schlechten Lösung». Die eigentliche Frage aber sei: «Musste es so weit kommen, dass es diese Lösung brauchte?» Genau das hinterfragt Christoph Basten ebenfalls, wenn er bedauert, «dass offenbar nicht genug Vertrauen in die nach der letzten Finanzkrise ausgearbeiteten Abwicklungspläne mit einer Auftrennung zwischen Credit Suisse Schweiz und dem Rest bestanden» habe. Die gefundene Lösung bedeute indes «viel zu hohe Marktkonzentration im Heimmarkt und eine noch viel grössere ‹Too big to fail›-Problematik als vorher schon». Ist das das Ende des guten Rufs für den Schweizer Finanzplatz? In dieser Frage zeigen sich beide Experten optimistisch. Im Idealfall könne «die neue UBS ihren zuletzt ganz guten Ruf auf den Gesamtkonzern übertragen», sagt Basten. Hens ist sogar vom Gegenteil überzeugt: «Die Lösung zeigt, dass die Politik in der Krise handlungsfähig ist. Das stärkt den Ruf.» Droht der Kollaps von weiteren Banken, etwa wegen der hohen Leitzinsen, die auch der CS zu schaffen gemacht haben? Die Leitzinsen waren beiden Experten zufolge nicht das Problem der Credit Suisse – im Gegensatz zur amerikanischen Silicon Valley Bank, wie Hens anmerkt. Stattdessen habe es «ein Reputationsproblem nach acht Skandalen in drei Jahren» gegeben. «Wir hatten hier im Nachgang der Silicon-Valley-Pleite nur eine Marktnervosität, unter welcher schon seit Jahren akkumulierte Schwächen der CS nicht mehr tragbar waren», sagt Basten, der aber dennoch fürchtet, «dass weitere Zinserhöhungen durchaus zu weiteren Bankverlusten führen werden, ebenso wie zu einem Ende des bisher historisch langen Immobilienmarkt-Booms». Das sei «ein Stück weit der Preis, den eine Eindämmung der Inflation mit sich» bringe. Banken könnten weitere Kollapse aber verhindern, wenn sie «ihre Zinsrisiken ausreichend gehedgt haben beziehungsweise ausreichend kapitalisiert sind». Haben die Finanzmarktaufsicht und andere Instanzen versagt? «Banken von dieser Grösse und Komplexität sind kaum perfekt zu überwachen», sagt Christoph Basten. Auch darin liegt die Skepsis des Experten gegenüber der «nun noch grösseren Bank» begründet, «welche die Politik offenbar lieber wollte als mehr Chaos jetzt». Thorsten Hens erklärt, es habe ein «Kommunikationsproblem» gegeben. Jemand, «zum Beispiel der Präsident der SNB», hätte kommunizieren müssen, dass die CS um jeden Preis gerettet werde: «Einen Bank-Run kann man nicht laufen lassen und am Ende die Feuerwehr spielen.» Welche Möglichkeiten sehen Sie für die UBS, die mit dem Kauf der CS übernommenen Risiken auszulagern? «Die UBS hat sich gegen die Risiken bei der SNB und der Regierung rückversichert», merkt Hens an. Jedoch sollte sie «mittelfristig versuchen, gewisse Teile der CS, die nicht zu ihr passen, zu verkaufen». Laut Basten müsste die UBS bei solchen Weiterverkäufen jedoch jegliche Risiken «sehr transparent» machen, sonst müsse «der potenzielle Käufer immer vom Schlimmsten ausgehen». In dieser Situation habe sich die UBS bei der Übernahme der CS selbst befunden, «sodass sie nachvollziehbarer Weise auf einem ausreichend tiefen Preis und ausreichenden Staatsgarantien beharrt hat». Gibt es ähnlich wie bei der UBS-Rettung wieder eine Bad-Bank? Thorsten Hens schliesst das aus, weil man im Fall der UBS «schlechte Assets identifizieren und auslagern» haben können, während das Problem der CS das Topmanagement gewesen sei: «Man kann das Leben eines Patienten retten, wenn man ein Bein amputiert – aber nicht, indem man den Kopf amputiert!» Christoph Basten sieht diese Möglichkeit gegeben, betont aber, dass das «davon abhängen» werde, «wie gross die Verluste in der kommenden Zeit sein werden». Das Schweizer Geschäft der CS war offenbar solide: Wird die UBS diesen Bereich halten können oder muss sie ihn eventuell aus wettbewerbsrechtlichen Gründen verkaufen? «Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht allein müsste sie das sicher», sagt Basten. «Aber wir haben nun eine Abwägung zwischen Finanzstabilität und Wettbewerb.» Hens verweist auf einen Interessenkonflikt: «Die UBS möchte den Teil behalten, die Wettbewerbskommission wird darauf drängen, ihn zu verkaufen.» Welche Geldinstitute sind aus ihrer Sicht jetzt die sichersten: Kantonalbanken mit Staatsgarantie? Grossbanken? Kleinbanken? «Das kommt auf das Stresstest-Szenario an, vor welchem wir uns schützen wollen», sagt Basten. Eine Staatsgarantie sei aber ein «nennenswerter Vorteil». Das sieht Hens ähnlich. Er rät zu Kantonalbanken mit Staatsgarantien. «Aber aufgepasst: Nicht jede Kantonalbank hat eine Staatsgarantie.» Werden diesen Crash auch die Pensionskassen und damit am Ende wieder wir alle spüren? «Sicherlich», sagen beide Experten. «In dem Ausmass, in dem Pensionskassen CS-Aktien oder -Anleihen im Portfolio hatten, direkt oder auch zum Beispuel über ETFs», wie Basten weiter ausführt. «Das ist ja das Unfaire an den Grossbanken», sagt Hens. «Das Topmanagement verdient hohe Gehälter und Boni und wenn sie versagen, muss der Steuerzahler einspringen. Aber die Pensionskassen in der Schweiz werden auch diesen Rückschlag verdauen.»