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Contribution Details

Type Bachelor's Thesis
Scope Discipline-based scholarship
Title Implikationen von Negativzinsen für schweizerische institutionelle Anleger
Organization Unit
Authors
  • Guillaume Bourquenoud
Supervisors
  • Thorsten Hens
  • Alexandre Ziegler
Language
  • German
Institution University of Zurich
Faculty Faculty of Business, Economics and Informatics
Number of Pages 59
Date 2016
Zusammenfassung Negativzinsen erfordern von institutionellen Anlegern eine Anpassung der Denkweise, weil institutionelle Anleger nach Einführung der Negativzinsen die Vorstellung einer Zins-Untergrenze aufgegeben mussten. Der Vorzeichenwechsel an sich ist keine Herausforderung, weil die grundlegenden Finanzkonzepte mit Negativzinsen weiterhin funktionieren. Die echte Herausforderung für institutionelle Anleger ist vielmehr die Tatsache, dass die Zinsen weiter gesunken sind und noch weiter sinken können. Insofern sind Negativzinsen eine Verstärkung der Tiefzinspolitik, indem Negativzinsen zu tieferen Anlagenrenditen und tieferen Diskontsätzen führen. Tiefere Diskontsätze führen zu höheren Barwerten, wobei diejenigen der Verpflichtungen stärker steigen werden als die der Anlagen, was die Solvabilität und das Eigenkapital institutioneller Anleger reduzieren wird. Tiefere Anlagenrenditen werden ihrerseits die Profitabilität bzw. Überschüsse der institutionellen Anleger beeinträchtigen. Falls die Zinsen über längere Zeit negativ bleiben, werden vor allem Pensionskassen und Lebensversicherer vor Herausforderungen stehen. Schadenversicherer werden weniger betroffen sein, weil sie einen grossen Teil ihrer Marge durch versicherungstechnische Erträge generieren. Bei den Lebensversicherern ist - anders bei den Pensionskassen - ein Grossteil der Effekte der Negativzinsen auf die Solvabilität bereits ersichtlich, weil sie unter dem Swiss Solvency Test für die Bestimmung ihrer Solvabilität sowohl ihre Verpflichtungen als auch ihre Anlagen zu Marktwerten bewerten müssen. Pensionskassen, insbesondere mit Leistungsprimat, werden künftig stärker betroffen sein. Diese Auswirkungen könnten den Umgang mit Risiken beeinflussen. Die meisten der befragten Lebensversicherer haben erklärt, aufgrund von Negativzinsen höhere Risiken einzugehen. Bei der Betrachtung der Asset Allocation wird ebenfalls ersichtlich, dass aus einer reinen Asset Allocation Sicht mehr Risiken eingegangen werden als vor fünf Jahren. Allerdings ist nicht möglich, genau zu bestimmen, wie gross dabei der Einfluss von Negativ- bzw. Niedrigzinsen war. Institutionelle Anleger versuchen den Erwerb von Anleihen mit negativer Verfallsrendite möglichst zu vermeiden, weil sie positive Rendite generieren müssen, weil Negativzinsen nicht an den Endhalter übertragen werden könnten. Deshalb sind institutionelle Anleger bereit, zusätzliches Risiko einzugehen, um negative Verfallsrendite zu vermeiden. Beim Eingehen von zusätzlichen Risiken sollten institutionelle Anleger sich bewusst sein, dass bei steigenden Zinsen die risikoreicheren Anlagen wahrscheinlich am stärksten korrigieren werden, weil viel Kapital von diesen abfliessen wird und zusätzlich der Diskontsatz auf einmal wieder grösser wird; damit bieten risikoreichere Anlagen per se keinen Schutz gegen steigende Zinsen. Die institutionellen Anleger sollten deshalb prüfen, ob die erwarteten zusätzlichen Renditen grösser sind als die Risiken. Sogar wenn die erwarteten Renditen grösser sind als die Risiken, sollte nicht übersehen werden, dass die Renditen und Risiken nur Erwartungen entsprechen und somit nicht eintreten müssen. Diese Arbeit konnte empirisch nicht beweisen, dass Aktienrenditen in Niedrigzinsperioden attraktiver waren als in anderen Perioden. Das sollte ebenfalls für andere risikoreichere Anlagen gelten, weil schwer vorstellbar ist, dass dieses Phänomen nur für Aktien gelten soll. Deshalb ist eine Erhöhung bzw. der Erwerb von risikoreicheren Anlagen nur sinnvoll, wenn dadurch die gesamte Volatilität aufgrund geringe Korrelation mit anderen Anlagen verkleinert werden kann und sich somit das gesamte Rendite-Risiko- Profil verbessert. Aus einer Asset Liability Management Sicht impliziert die Einführung von Negativzinsen eine Zinssenkung, welche über die grössere Konvexität und höhere Duration der Verpflichtungen zu einer Erhöhung des negativen Duration Gaps führt. Allerdings haben mit einer Ausnahme alle befragten Lebensversicherer mitgeteilt, dass sie die Erhöhung des Duration Gaps verhindert haben. Dies ist darauf zurückzuführen, dass ein steigender Duration Gap unter dem Swiss Solvency Test kostspieliger ist. Deshalb haben die Lebensversicherer die Duration der Anlagen ausgeweitet, um die natürliche Ausweitung des negativen Duration Gap zu kompensieren. Da Pensionskassen keinen Swiss Solvency Test durchführen müssen, kann vermutet werden, dass sie eine Ausweitung des negativen Duration Gaps in Kauf genommen haben. Nach Untersuchungen verschiedener Lösungsansätze zum Umgang mit den aktuellen Herausforderungen der Negativzinsen hat sich bestätigt, dass keine ultimative Lösung existiert. Deshalb setzen institutionelle Anleger diverse Massnahmen um; beispielsweise wird der Anteil an alternativen Anlagen und Hypothekendarlehen erhöht und damit versucht, die Auswirkungen der Negativzinsen zu mildern. Dies konnte in der konkrete Analyse der Schweizerischen Mobiliar beobachtet werden. In dieser Arbeit wird auch ersichtlich, dass ein in Vergangenheit eng geführtes Asset Liability Management problematische Auswirkungen von Negativzinsen verhindert oder vermindert hätte. Negativzinsen sind der Beweise dafür, wie wichtig das Asset Liability Management für institutionelle Anleger ist. Deshalb sollte sichergestellt sein, dass das Asset Liability Management in die Anlage- und Produktentwicklungsprozesse integriert ist. Diese Integration soll sicherstellen, dass institutionelle Anleger sich den möglichen Problemen stets und voll bewusst sind, sie sich mit den Auswirkungen befassen müssen und sie die Möglichkeiten haben, nach Wahl Auswirkungen von Negativzinsen mehr oder weniger zu minimieren. Negativzinsen haben ebenfalls positive Effekte. Institutionellen Anleger werden in dieser schwierigen Zeit unnötige Kosten vermeiden müssen und dadurch effizienter werden. Ebenfalls könnten Negativzinsen dazu führen, aktuelle Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln und neue Produkte anzubieten. Schliesslich zwingen Negativzinsen Versicherer, sich auf ihre Kernkompetenz – das Versicherungsgeschäft – zu konzentrieren und sich somit auf den wirtschaftlichen Zweck des Unternehmens zu fokussieren. Die japanische Lebensversicherungskrise in den 90er Jahren hat ebenfalls gezeigt, dass institutionelle Anleger nicht an ein spezifisches Zinsniveau gebunden sind. Denn nach einer schwierigen Periode mit notwendigen Anpassungen der Produkte gelang es den japanischen Lebensversicherern, mit Tiefzinsen umzugehen. Das sollte auch im Umfeld von Negativzinsen, unter der Voraussetzung, dass neue Produkte entwickelt und Rahmenbedingungen angepasst werden, möglich sein.
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