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Contribution Details

Type Master's Thesis
Scope Discipline-based scholarship
Title Würde das Vollgeldsystem ein besseres Bankensystem bringen?
Organization Unit
Authors
  • Adrian Brasser
Supervisors
  • Urs Birchler
  • Inke Nyborg
Language
  • German
Institution University of Zurich
Faculty Faculty of Economics, Business Administration and Information Technology
Number of Pages 64
Date 2015
Abstract Text Executive Summary Problemstellung und Vorgehen Finanzkrisen führen immer wieder zu steigender Popularität von tiefgreifenden Reformvor-schlägen wie der Vollgeldreform. Zahlreiche politische Organisationen in verschiedenen Län-dern haben nach der jüngsten Finanzkrise die Idee der Vollgeldreform aufgenommen und fordern die Einführung ihrer Version eines Vollgeldsystems in ihrem Land, unter anderem auch in der Schweiz. Die aktuellen Vollgeldreformvorschläge basieren in den Grundzügen auf dem sogenann-ten „Chicago Plan“ der 1930er-Jahre und dem „100%-Money“-Ansatz von Irving Fisher, der 1935 im Zuge der grossen Depression seinen Vorschlag für eine Bankenreform niederge-schrieben hat. Der Kern dieser Vorschläge ist das Verbot der Buchgeldschöpfung von Banken bei der Kreditvergabe. Die staatliche Zentralbank soll, nach diesen Vorschlägen, die einzige Institution sein, die das allgemein gebräuchliche Zahlungsmittel herstellt. Dies könnte mit einer 100%-Reserve-Verpflichtung auf Sichteinlagen durchgesetzt werden. Hierbei stellt sich die Frage, welche Einflüsse ein Vollgeldsystem auf die Effizienz und Stabilität des Kredit- und Einlagengeschäfts im Vergleich zum heutigen Mindestreservesys-tem hätte. Zum einen scheint eine 100%-Reserveverpflichtung auf Sichteinlagen die Stabilität des Bankensystems zu erhöhen und Bank-Runs zu verhindern, zum anderen wird die Handlungs-freiheit der Geschäftsbanken erheblich eingeschränkt und eine Effizienzeinbusse bei der Kre-ditvergabe zur Finanzierung der Wirtschaft scheint unausweichlich. In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Analyse dieser Arbeit. Im ersten Teil der Arbeit werden die wesentlichen Eigenschaften der Reformvorschläge für ein Vollgeldsystem analysiert. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse bieten die Grundlage für den zweiten Teil, welcher sich mit der Analyse der relevanten akademischen Literatur über die Bankentheorie mit besonderem Fokus auf die Effizienz und Stabilität des Kredit- und Ein-lagengeschäfts beschäftigt. Der dritte Teil der Arbeit konstruiert, mithilfe des erlangten Wis-sens von Teil eins und zwei, ein Modell einer fiktiven Ökonomie, in der das Vollgeldsystem mit dem heutigen Mindestreservesystem verglichen wird. Resultate und allgemeine Beurteilung Die im ersten Teil betrachteten historischen und aktuellen Vollgeldreformvorschläge sind sich im Kern sehr ähnlich. Alle verbieten die Buchgeldschöpfung von Banken bei der Kredit-vergabe, was grundsätzlich mit einer vollständigen Deckung von Sichteinlagen durch Reser-ven (Zentralbankgeld) erreicht wird. Damit verbunden ist eine Trennung des Zahlungsge-schäfts vom übrigen Bankgeschäft. In den historischen Vorschlägen von Fisher (1935) und Friedman (1959) wird die Trennung durch ein Trennbankensystem vollzogen, während die betrachteten aktuellen Vollgeldreformvorschläge nur eine Ausgliederung von Zahlungskonten aus der Bankbilanz fordern. Die akademische Literatur im zweiten Teil zeigt auf, dass das Hauptproblem beim Kre-ditgeschäft die Illiquidität von Krediten aufgrund asymmetrischer Informationen ist. Deshalb kann ein Kreditgeber nur unzureichend Liquidität durch den Verkauf des Kredits erlangen, wenn er sie dringend benötigt. Die effizienteste Lösung dieses Problems ist, gemäss der be-trachteten Literatur, die Kreditvergabe über eine Bank auszuführen, welche die Kredite durch die Ausgabe von Sichteinlagen finanziert. Diese Sichteinlagen dürfen jederzeit ausbezahlt werden und geben Banken somit Anreize, die Kreditvergabe und das Zahlungssystem mög-lichst effizient und stabil zu gestalten. Sichteinlagen lassen das Ausnützen von mindestens zwei Diversifikationseffekten zu. Einerseits brauchen Einleger nicht alle gleichzeitig Reser-ven für Zahlungen, andererseits diversifiziert das gleichzeitige Anbieten von Sichteinlagen auf der Passiv- und Kreditlinien auf der Aktivseite der Bankbilanz den gesamten Liquiditäts-bedarf beider Seiten. So müssen weniger Reserven gehalten werden und es können somit im Vergleich zu einem Vollgeldsystem mehr günstige Kredite und Kreditlinien angeboten wer-den. Diese positiven Effekte gehen in einem Vollgeldsystem verloren oder sind nur bedingt erzielbar, da Sichteinlagen vollständig mit Reserven gedeckt sein müssen und somit nichts zur effizienten Finanzierung der Wirtschaft beitragen können. Doch ein Vollgeldsystem kann durchaus andere positive Effekte bieten. Mit den verschärften Reserveanforderungen für Sichteinlagen erhöht sich potenziell die Stabilität des Zahlungssystems. Bezüglich der Stabilität zeigt sich in der Gesamtbetrachtung des Bankensystems mithilfe des im dritten Teil entwickelten Modells, dass Risiken aus einer Änderung der Liquiditätsprä-ferenz von Besitzern von Sparkonten sowohl im Mindestreserve- als auch im Vollgeldsystem zu gleichen Effekten führen. In beiden Systemen müssen potenziell Kredite aufgelöst werden, um innerhalb der Auszahlungsfrist von Sparkonten die benötigten Reserven für die Auszah-lung von Sparguthaben beschaffen zu können. In beiden Systemen ist die Folge, dass Banken zusätzliche Reserven zur Absicherung von Risiken ausgehend von Sparkonten halten müssen. Im Mindestreservesystem macht die Haltung von Reserven für Sparkonten auch das Zah-lungssystem sicherer, während das Zahlungssystem im Vollgeldsystem mit diesen zusätzli-chen Reserven nicht stabiler wird. So sind die Effizienz und Stabilität auf der Ebene des Zah-lungssystems und der Ebene der Sparkonten für die Geldanlage nicht unabhängig voneinander. Die effiziente Lösung zur Erhöhung der Stabilität des Bankensystems zieht bei-de Ebenen gleichzeitig mit ein. Doch der Vollgeldansatz beschränkt sich primär auf die Re-formierung der Ebene des Zahlungssystems und der Geldschöpfung. Schon auf dieser Ebene scheint das Mindestreservesystem gegenüber dem Vollgeldsystem in Bezug auf die Effizienz und Stabilität des Kredit- und Einlagengeschäfts mehr Vor- als Nachteile zu bieten. Da die Umstellung vom Mindestreserve- in das Vollgeldsystem zusätzliche Risiken erzeugen und Anreize zur Umgehung bieten würde, würde das Vollgeldsystem, gemäss den Resultaten die-ser Arbeit, kein besseres Bankensystem bringen.
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